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(Erzähler unbekannt, 1958)

Vor langer Zeit standen da, wo heute schmucke Dörfer den Rand der Haldemer Berge säumen, einsame, niedrige Katen. Sie duckten sich unter schiefem Strohdach tief an die nasse Erde. Heide und Bruch, sandige Bülte und binsenreiche Tümpel dehnten sich weithin, eine arme Landschaft. Der Fleiß des Bauern hat aus ihr saftige Wiesen und fruchtbare Äcker geschaffen. Hier war der fliegende Jäger häufiger Gast. In stürmischen Nächten, besonders aber zur Mittwinterzeit, jagte er mit seiner laut heulenden Meute wilder Hunde durch die Luft. Schaurig scholl dann über die weite Bruchfläche das dunkle „Tuh-tuh-tuh“ seines Hornes. Oder war es der Mund des fliegenden Jägers, der diese Laute ausstieß? Die Menschen duckten sich ängstlich in die Winkel ihrer Hütten, wenn die Jagd vorüber brauste. Niemand wagte, zu dieser Zeit seine Behausung zu verlassen, wenn es auch noch so dringend sein mochte.

Einstmals hatten sich mehrere Männer über diese Erscheinung unterhalten und sich ihre Nöte geklagt. Nur einer von ihnen, ein starker, flinker Mensch, der den Kopf hoch trug und den Teufel nicht fürchtete, wie er laut prahlend rief, erbot sich, dem fliegenden Jäger zu begegnen. Er wolle ihm schon zeigen, wer hierzulande die Macht habe. Die Warnungen der besorgten Freunde schlug er in den Wind.

Als wieder einmal eine wilde Nacht sich auf die Erde senkte, machte der Bauer sich auf und nahm Posten in einem Wäldchen nahe dem Wege, der an den Hütten entlang führte. Er verbarg sich hinter einer dicken Eiche und wartete. Da erscholl wieder das dumpfe Blasen, die Hunde kläfften, es war ein mordsmäßiges Geschrei. Zugleich fingen die Bäume an, sich zu rühren, es war, als ob ein. scharfer Wind ihre Kronen schüttele. Nun war die Horde herangeprescht. Der Bauer hatte sich vorgenommen, wenn wirklich Not am Mann sein sollte, als letztes Mittel ein Kreuz zu schlagen, damit der Spuk verschwinden müsse. Bevor er seine Hand aber noch dazu erhoben hatte, spürte er einen heftigen Schlag, der ihn zu Boden warf. Dann sauste die Jagd über ihn hinweg. Lange lag der Kühne so, von Entsetzen gelähmt. Endlich vermochte er sich aufzuraffen. Aber seinen Sinnen schwindelte es noch immer, und nur schleppenden Ganges gelang es ihm, zu seiner Hütte zu kommen. Dort starrte ihm seine Frau in das von Schreck und Schmerzen aschfahle Gesicht, wagte aber kein Wort zu sagen. Sie dachte sich wohl, was geschehen war und fürchtete weiteres Unheil, wenn sie es besprechen würde. Der Mann aber suchte still und gebrechlich sein Lager auf, war lange hin kränklich und bedrückt, und als er seine frühere Kraft zurück gewonnen hatte, schien es den Leuten, als sei er „vom Strich", wie man dann wohl sagte.

Seitdem hat nie jemand wieder dem fliegenden Jäger entgegentreten mögen. Auch andere Zeichen, die man nicht zu deuten wusste, wurden früher in jener Gegend bemerkt. In dunklen Nächten glaubten viele, die unterwegs waren, auf den Heidewegen eine Laterne gesehen zu haben, die keines Menschen Hand trug und die doch hüpfend des Weges entlang wanderte. Wer sie sah, hütete sich, ihr zu begegnen, und in weitem Bogen suchte er so schnell wie möglich das schützende Dach seiner Behausung zu erreichen. Jeden Donnerstag aber hörten die Einsamen jenes Landstriches eine Hexentrommel schlagen, wie sie es nannten. Aus dem Trommeln aber konnte man die Worte entnehmen „Düwe, Düwe, dupp, den Dönnerdag herupp". An diesen Abenden hielten sich die Kinder ängstlich zu Hause, um nicht die schreckliche Musik hören zu müssen.

So barg die Heimatnatur jener Zeit für die Menschen nicht nur Geheimnisse, sondern auch lebhaft empfundene Gefahren, die man in einer jenseitigen Welt vermuten zu müssen glaubte. Ob heute, ohne dass jemand davon etwas verlauten lässt, überall die Furcht vor den Dämonen des Dunkels geschwunden ist? Wir wissen es nicht. Immer wird das Menschenherz Rätsel aufgeben.